"Die Zeiten ändern sich. Menschen möchten immer weniger arbeiten."
Steile These, leider verfehlt sie die eigentliche Ursache des Problems.
Richtig ist allerdings: Eine der aktuell größten Herausforderungen vieler Unternehmen ist, dass schleichend aber stetig die Produktivität der Mitarbeitenden sinkt.
Allerdings wird kaum aktiv daran gearbeitet.
Noch gravierender: Viele Entscheider nehmen das volle Ausmaß der Probleme scheinbar gar nicht wahr.
Das Kuriose ist: Im Gegensatz dazu haben die gleichen Entscheider bei technologischen Themen wie Künstlicher Intelligenz oft das Gefühl, gar nicht schnell genug starten zu können.
Und das, obwohl die Nutzung von KI für die allermeisten Unternehmen zwar große Potenziale bietet, es aber alles andere als kritisch ist, der Erste zu sein, der eine Technologie einführt.
Bei Stichworten wie Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitsmoral oder Kündigungsbereitschaft wird meistens deutlich zurückhaltender vorgegangen, obwohl das Potential im Vergleich zu technologischen Entwicklungen unmittelbar, zuverlässiger und mit vergleichsweise sehr geringem Aufwand freigesetzt werden kann.
Die Frage ist jetzt: Warum ist so wenig Fokus auf den auf den ersten Blick "weichen" Themen?
Der erste Teil der Antwort ist:
Viele Führungskräfte nehmen zwar diverse Symptome sinkender Produktivität wahr, vermuten aber die Ursachen an völlig falschen Stellen und initiieren deswegen Gegenmaßnahmen, die die Probleme nicht an ihrem Kern angehen.
Für den zweiten Teil der Antwort brauchen wir mehr Details.
Aber bevor wir in die Ursachenforschung gehen um auf diese Details zu kommen - woran erkenne ich überhaupt, ob in meinem Unternehmen die Produktivität möglicherweise schleichend sinkt und das Thema Arbeitsmoral vielleicht mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte?
Typische Symptome schleichend sinkender Produktivität:
1 - "Act your Wage"
Oder zu Deutsch: Mitarbeitende machen ihren Job exakt nach Rollenbeschreibung.
Und das war es dann aber auch.
Vor 9 Uhr ist niemand im Büro. Um 17 Uhr lassen alle den Stift fallen und sind nicht mehr erreichbar.
Es gibt ein paar ganz wenige im Team, die immer zur Stelle sind: “Die Verlässlichen”.
Der Großteil ist leider sonst “zu nichts zu gebrauchen”.
“Quiet Quitter” im GenZ-Wording.
Sie machen nur das absolute Minimum und sehen auch keinerlei Grund, daran etwas zu ändern. Viele dieser Rollen tragen nicht wirklich zu irgendetwas bei, aber gefühlt geht es ohne sie auch nicht, denn:
2 - "Die Guten" möchten keine “Standard”-Aufgaben übernehmen
Es gibt viele Rollen, die es erfordern, einfach Dinge abzuarbeiten. Deswegen werden sie von vielen im Unternehmen als wenig attraktiv angesehen.
Top-Leute wollen sich den “Admin-Kram” nicht anheften lassen.
Für diese “Abarbeits-Rollen” werden in der Konsequenz oft die Ansprüche an die Qualifikation reduziert, um überhaupt jemanden zu finden, der den Job macht.
In der Folge steigen die Fehlerquoten.
Am Ende entstehen erhebliche Aufwände bei anderen.
Die Punkte 1 und 2 führen (möglicherweise in Kombination mit weiteren Faktoren) zu:
3 - Die “dafür-bin-ich-nicht-zuständig”-Fraktion wächst
Es gibt immer mehr “Karteileichen” im Team. KollegInnen, bei denen keiner so richtig beziffern kann, was sie eigentlich wirklich tun.
Dabei sehen sie allerdings grundsätzlich sehr beschäftigt aus.
"Busy" ist eines ihrer am häufigsten gebrauchten Wörter..
Wer versucht, den betreffenden Personen Aufgaben zu geben, bekommt nur zu hören, dass "noch mehr" leider wirklich nicht geht. Die Platte ist schon voll.
Und sowieso, dafür gibt es ja wohl wirklich andere im Unternehmen.
Wenn man ihren Vorgesetzten glaubt, dann sind diese Leute für das Team wichtig und bleiben bitte unangetastet.
Das führt in direkter Folge zu:
4 - Gute Mitarbeitende kündigen. Es ist schwierig, neue, gute Teammitglieder zu gewinnen
Mal ist der angegebene Grund ein höheres Gehalt bei einem anderen Unternehmen, mal Unzufriedenheit mit den Entwicklungsmöglichkeiten, mal etwas ganz Anderes.
Aber was immer die Erklärung im Exit-Gespräch ist, eins haben die Punkte gemeinsam:
Sie ergeben zusammen eine Kurve, die einen klaren Abwärtstrend zeigt.
In manchen Unternehmen langsamer, in manchen schneller.
Schwierig dabei: Es gibt scheinbar keine Möglichkeit, etwas zu ändern.
Die hohen Gehälter aus gut finanzierten Start-Ups? Können wir nicht mithalten.
Eine Spezialisierung auf Thema X oder die Konzern-Karriereleiter? Leider bei uns nicht möglich, dafür sind wir nicht groß genug.
Die Liste der Gründe ließe sich fast beliebig weiterführen.
Eine Limitation nach der nächsten.
Ein Performer-Abschrecker nach dem nächsten.
Aber was wäre, wenn es darum im Kern gar nicht geht?
Klar, wenn ein hoch spezialisierter KI-Entwickler woanders ein Vielfaches verdient, können wir ihn vielleicht nicht für uns gewinnen.
Aber Produktentwicklung, Marketing, Sales, Engineering, Operations, Accounting und so weiter... die Rollen sind inhaltlich letztlich überall ähnlich. Von Jobs in Produktion, Lager, etc. ganz zu schweigen.
Warum bewerben die sich nicht "bei uns"?
Und warum haben "wir" so viele, die so wenig Output bringen?
Die vermuteten Ursachen - die größten Irrtümer:
Bevor wir in die tatsächlichen Ursachen tauchen, hier eine Reihe an Zitaten von Entscheidern in Oberen und Top-Management, die ich alleine in den letzten Wochen in Gesprächen gehört habe:
“Die Welt hat sich eben geändert. Menschen wollen mehr Work-Life Balance”
“Die GenZ ist das Problem. Die wollen einfach nicht mehr arbeiten.”
“Der Markt ist leergefegt, wir haben Fachkräftemangel.”
“Die Leute haben heute einfach mehr Alternativen.”
“Mitbewerber/andere Branchen können einfach mehr zahlen.”
Klingt alles plausibel. In den meisten Fällen sind alle diese Punkte schlicht und einfach:
Falsch.
Die tatsächlichen Ursachen:
Es ist deswegen so schwierig, genaue Ursachen für die weit verbreitete (Unter-)Durchschnittlichkeit im Performance-Mindset zu greifen, weil diese Durchschnittlichkeit fast immer aus Effekten zweiter und dritter Ordnung resultiert.
Oder anders ausgedrückt: Es gibt kein klar erkennbares "aus A folgt B" Muster.
Einige Beispiele für die Bausteine, die gemeinsam eine Treppe nach unten bilden:
1 - In jeder Organisationseinheit ist ein kleiner Teil der Einheit für den Großteil des Ergebnisses verantwortlich
Oder anders ausgedrückt: In den meisten Teams machen ein oder zwei Personen quasi die gesamte Arbeit.
Es gibt für das Management dabei wenig Anreiz, flächendeckend für Performance-Steigerungen zu sorgen. Denn einziges Ziel ist es, das KPI-Ziel zu treffen.
Solange ein paar Leistungsträger dafür sorgen, dass die Zahlen insgesamt erreicht werden, gibt es kaum oder oder sogar gar keine Konsequenzen für schlechte Ergebnisse.
Oder drastisch formuliert: Low Performer werden toleriert, denn der Aufwand möglicher Konflikte lohnt sich aus Sicht ihrer Führungskräfte nicht.
Aus Sicht der Leistungsträger formuliert: Nicht-Leistung wird toleriert, akzeptiert und ähnlich vergütet.
Daraus resultiert, die Frustration vor allem unter den guten Mitarbeitenden stetig wächst.
2 - Das Team bekommt zwar genaue Zielzahlen, kennt und/oder versteht aber die strategischen Unternehmensziele nicht
Die Mitarbeitenden inklusive des mittleren Managements wissen daher nicht, was sie überhaupt tun können, um auf strategische Ziele hinzuarbeiten. Wenn ein Teammitglied Ideen hat, werden diese von Führungskräften fast immer abgetan oder zerredet. Denn sie wissen selbst nicht, ob eine Idee im größeren Kontext Sinn ergibt und möchten nicht unnötig ein Thema weiter "nach oben" tragen, das möglicherweise dort abgetan wird und im Endeffekt ein schlechtes Licht zurück wirft.
Oder anders formuliert: Arbeit, die nicht direkt auf die Kennzahlen einzahlt, wird nicht geschätzt. Konkret geht es um die Art von Tätigkeiten, die Unternehmer gerne als Arbeit bezeichnen, die sie nicht "im", sondern "am" Unternehmen verrichten.
3 - Ansprüche an das Team zu stellen wird immer schwieriger
Immer mehr Mitarbeitende haben immer weniger Bewusstsein dafür, was “Qualität” konkret bedeutet.
Der Satz: "Wir haben doch unsere Zahlen erreicht!" wird zum Symptom erodierender Qualität.
Und Führungskräfte tun sich in immer mehr Themen immer schwerer darin, klar zu kommunizieren, warum manche Dinge nötig sind und zur Ergebnisqualität beitragen:
War die unformatierte Slide im internen Branding-Slide-Deck jetzt wirklich so ein riesen Ding?
"Der Vorstand hat doch verstanden, um was es geht!"
Ist es wirklich problematisch, dass der Gabelstapler morgens nicht auf dem richtigen Parkplatz stand?
"Wir haben doch unser Produktionsziel erreicht!"
Ist es nötig und sinnvoll, regelmäßig ins Büro zu kommen?
"Ich mache doch meine Arbeit so wie immer!"
Wichtig: Die Einwände aus dem Team sind dabei im ersten Moment völlig berechtigt.
Denn es wurden ja klare Ziele vorgegeben und die wurden erreicht.
Die Frage, die hinter diesen Einwänden steht, ist: Wenn uns unsere selbst auferlegten Regeln mehr aufhalten als helfen, sollten wir dann nicht die Regeln überdenken und ändern?
Das Problem ist: Es gibt für das Team keinen direkt erkennbaren Zusammenhang zwischen den Regeln und wie sie helfen, das Ziel zu erreichen. Denn der quantitative Teil des Ziels wird zwar konkret gemessen, der qualitative Teil besteht allerdings auf Basis von "unserem Anspruch". Warum dieser Anspruch besteht, lässt sich bestenfalls grob umreißen.
Die Folge ist, dass Vorgesetzte, auf Vorgaben beharren, für die es scheinbar keinerlei sinnvolle Begründung gibt. Oder noch schlimmer, dass sie Ansprüche stellen, "weil ich es so will". Damit werden sie schnell als Micro-Manager und Pedanten wahrgenommen.
Es entwickelt sich automatisch eine Chef-vs-Team Dynamik, bei der Vorgesetzte nicht mehr wie ein Coach mit dem Team arbeiten, sondern als Aufseher wahrgenommen werden.
Und diese Wahrnehmung als Aufseher zieht sich durch alle Management-Ebenen.
Aus einem einfachen Grund: Für viele Themen gilt, dass niemand eine verständliche Begründung dafür hat, warum Dinge wirklich relevant sind.
Anschaulich wird das, wenn wir das ad absurdum führen:
"Wenn du den Gabelstapler falsch parkst, fällt morgen unser Aktienkurs!"
...sagte kein Teamleiter jemals.
Und das Problem beschränkt sich nicht nur auf Qualitäts-Themen.
Wenn der angepeilte Quartalsumsatz im Vordergrund steht und erreicht wurde - warum sollen wir uns dann noch anstrengen?
Wir können doch ab jetzt früher heimgehen und nächstes Quartal wieder durchstarten.
Wenn der "Admin-Kram" bestenfalls mittelbar zum Ergebnis beiträgt, warum sollte ich mich dann damit aufhalten?
Wenn ich in einem anderen Unternehmen die gleichen Aufgaben übernehme bei etwas mehr Gehalt, warum sollte ich dann nicht wechseln?
Zusammengefasst ist unser Problem, dass es prinzipiell wichtig ist, dass die Unternehmensziele erreicht werden und auch wie sie erreicht werden.
Allerdings ist es sehr schwierig, den Qualitätsanspruch, das "Wie" gearbeitet wird, an die Mitarbeitenden zu transportieren, weil das "Warum" nicht explizit greifbar ist.
Bevor wir in die Lösung tauchen, brauchen wir noch einen entscheidenden Baustein.
Dieser Baustein ist das Team und was es antreibt.
Ein paar simple Wahrheiten über Menschen:
Die Menschen, von denen du nie etwas hörst, sind die tragenden Säulen deiner Organisation
Aus einem ganz einfachen Grund: Sie machen ihre Arbeit zuverlässig, ordentlich, jammern selten und beschweren sich kaum.
Menschen möchten einen guten Job machen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Menschen haben ein inneres Bedürfnis, Aufgaben, für die sie die Verantwortung tragen, gut zu erledigen.
Drei Faktoren sind maßgeblich dafür verantwortlich, wenn ein Job schlecht gemacht wird:
1) Fehlende Skills
2) Fehlendes Bewusstsein für Qualität
3) Das Gefühl, dass es keine Rolle spielt, wie gut das Ergebnis ist
Menschen sind nicht gut darin, KPIs und abstrakte Vorgehensmodelle in konkrete Handlungen zu übersetzen
Das menschliche Hirn ist dafür konstruiert, Bilder zu verarbeiten. Zahlen und abstrakte Konzepte gehören nicht zu unseren Stärken. Wer abstrakte Ziele (“10% mehr Umsatz”) setzt, ohne eine konkrete Schritt-für-Schritt-Anleitung dazuzugeben, wird quasi planmäßig von den Resultaten enttäuscht werden.
Menschen zeigen enormen Einsatz, wenn sie sich als Teil einer Community fühlen, die ein gemeinsames, bildlich vorstellbares Ziel hat
Vereine, Clubs, Mannschaften, und politische Parteien sind nur ein paar wenige Beispiele für Vereinigungen, in denen ein gemeinsames Ziel oft zu herausragendem persönlichen Einsatz bei Mitgliedern führt.
Was auffällig ist: Keine Fußballmannschaft hat je als Ziel verkündet, dass sie plant "diese Saison 12% mehr Tore zu schießen", oder "den Ballbesitz um 7% zu steigern".
Typische Ziele sind: "Aufstieg" oder "Den Pokal in den Händen halten".
Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihr Beitrag hilft, um das Ziel ihrer Community zu erreichen, wachsen sie über sich hinaus
Um bei der Fußball-Analogie zu bleiben: Wer versuchen würde, über KPIs zu quantifizieren, wie sehr Vereins-Maskottchen, Mannschafts-Koch oder ein Fan auf der Tribüne zu einem Sieg ihres Teams beitragen, wird schnell an Grenzen stoßen.
Für das Engagement von Fans und Unterstützern ist das aber unerheblich. Ob mit oder ohne Kennzahlen - sie brennen für ihr Team, ihren Verein, ihre Community und leisten ihren Beitrag mit Hingabe wenn sie das Gefühl haben, damit etwas bewirken zu können.
Wenn Menschen sich nicht mehr mit dem Zielbild ihrer Community identifizieren oder nichts mehr beitragen können, verlassen sie die Gruppe freiwillig, oder auf Aufforderung
In Vereinen passiert das tagtäglich. Im Berufsleben gibt es dabei ein Problem: Es besteht eine wirtschaftliche Abhängigkeit der "Mitglieder", und es gibt gesetzliche Vorgaben dazu, ob und in welcher Form jemand gebeten werden darf, die Gruppe zu verlassen.
Das heißt, dass selbst wenn Menschen das Zielbild ihres Unternehmens nicht mehr verstehen oder wenn sie gefühlt nicht mehr zur Erreichung beitragen können, dann verlassen sie die Organisation oft trotzdem nicht, oder wenn, dann mit hoher Verzögerung.
Die Lösung:
Wir halten fest:
Kennzahlen versuchen eine direkte Verbindung zwischen Input und Output zu schaffen.
Ein starker Fokus auf Kennzahlen bringt mit sich, dass der Arbeitsfokus auch ausschließlich auf die Erfüllung der Kennzahlen gesetzt wird.
Wenn es zusätzlich Qualitätsansprüche gibt, die sich nicht einfach in KPIs festhalten lassen, aber Regeln und Vorgaben dafür bestehen, wie der Arbeitsprozess aussehen soll, gibt es oft im Team wenig Verständnis für diese Vorgaben und Regeln.
Und darunter leidet letztlich die Motivation, weil schnell das Gefühl entsteht, sinnbefreite Arbeitsvorgaben einzuhalten.
Eine Abwärtsspirale beginnt.
Andersherum bewirkt ein klares, inhaltliches Zielbild in Kombination mit dazu passenden Regeln "Wie" das Ziel erreicht werden soll, dass das Erreichen von Zielzahlen als Bestätigung wahrgenommen wird, auf dem richtigen Weg zu sein.
Wir möchten also ein Lösungskonzept, mit dem wir unsere Zielzahlen erreichen. Und zwar so, dass wir gemeinsam mit dem Team arbeiten und das Ergebnis in hoher Qualität liefern.
Das gesamte Unternehmen soll an einem Strang ziehen. Wir möchten Mitarbeitenden Verantwortung geben und zwar so, dass sie ihr gerecht werden möchten.
Arbeit die im Hintergrund geschieht und die wenig sichtbar ist, soll trotzdem verlässlich und mit hoher Qualität erbracht werden.
Um so ein Konzept zu entwerfen, müssen wir uns Einsteins alte Weisheit ins Bewusstsein rufen:
Ein Problem kann nicht auf der Ebene gelöst werden, auf der es entstanden ist.
Neue Rollenbeschreibungen, höhere Boni, schärfere Regeln, mehr Trainings und gesteigerte Recruiting-Budgets sind alle Maßnahmen, die auf der Ebene stattfinden, auf der sie auch heute schon nicht funktionieren.
Es sind Maßnahmen, die kurzzeitig für gefühlte Besserung sorgen, aber dann im Strudel des Systems untergehen.
Denn sie fokussieren alle auf das "Was".
"Was" möchten wir erreichen?
10% mehr Umsatz.
Und wenn wir die "Was"-Ziele erreichen, ist das "Wie" doch eigentlich sekundär, oder?
Nein, ist es nicht.
Im "Wie" stecken die Fragen:
...wie viel und wo wir arbeiten.
...ob die Admin-Aufgabe wirklich erledigt werden muss.
...ob der Schreibfehler im Titel der Mail relevant war.
...ob der falsch geparkte Gabelstapler problematisch ist.
Oder kurz gesagt: Im "Wie" steckt unter anderem die Frage, welchen Anspruch es an die Qualität gibt.
Was auffällig ist: Immer, wenn Führungskräfte mit ihrem Team um "Wie"-Themen diskutieren, werden sie mit der Frage konfrontiert, die eigentlich dahinter steckt:
"Warum?"
Und so umständlich es manchmal erscheinen mag: Wenn wir die Diskussion um das "Wie" sinnvoll führen möchten, ohne als kleinlicher Tyrann dazustehen, müssen wir bei unseren Zielen weg vom "Was".
Wir brauchen ein Konzept für das "Warum".
Denn im "Warum" steckt die Antwort auf die Frage, ob Mitarbeitende gerade gute Qualität liefern.
Aus dem "Warum" leitet sich direkt die Antwort auf die Frage ab, warum eine Admin-Aufgabe wirklich sinnvoll ist, warum fehlerfreie Texte wichtig sind und warum Ordnung im Lager sein muss.
Das "Warum" ist die Voraussetzung für ein neues Bewusstsein von Leistung im Team.
Die zweite Voraussetzung ist, dass Leistung transparent gemacht wird. Denn wenn eine Basis dafür existiert, dass Leistung quantifizie rbar ist, dann kann im nächsten Schritt auch Qualität messbar gemacht werden.
Damit wird gute Performance sichtbar und anerkennbar. Und schlechte Performance kann zielgerichtet verbessert werden.
Die dritte, kritische Voraussetzung ist, dass das "Warum" von der Leadership richtig kommuniziert wird und, dass das Management es in konkrete Rollen übersetzt.
Oder, auf den Punkt gebracht: Wir brauchen in unserem Lösungskonzept zwei Säulen:
Das "Warum": Ein gemeinsames, bildlich vorstellbares Ziel in Kombination mit einem durchdachten Konzept für die Kommunikation
Transparenz, Anerkennung und Wertschätzung von Performance
Die Schritte für die Umsetzung:
So weit, so klar - Thank you, Captain Obvious.
Die zentrale Frage ist nun: Wie machen wir das?
Wie schaffen wir ein gemeinsames Zielbild, machen Performance transparent und bringen Exzellenz in Leadership und Management?
Wichtig an allen folgenden Punkten ist: Viele Wege führen nach Rom.
Ich gebe für jede Säule ein beispielhaftes Vorgehen, dass sich bewährt hat und für nahezu jede Art von Unternehmen funktionieren kann, wenn es in den Details an die Unternehmenskultur und das Geschäftsmodell angepasst wird.
Säule 1) Das gemeinsame Zielbild
Eigentlich liegt dieser Punkt bei den meisten Unternehmen in ihrer DNA, geht aber oft über die Zeit hinweg verloren oder rückt weit in den Hintergrund.
Wenn hier eine Auffrischung stattfindet, dann bedeutet das in der Praxis meistens, dass sich die Leadership einen Tag im Jahr einschließt, um Mission und Vision zu überarbeiten.
Das Problem dabei: Leadership by Strategieworkshop funktioniert nicht.
Ein Zielbild wird nicht etabliert, weil es auf der Website steht, sondern nur, wenn die Leadership es permanent überkommuniziert und vorlebt.
Der entscheidende Erfolgsfaktor für das Zielbild ist deswegen das Umsetzungskonzept.
Wer jetzt beim Kommunikationsplan an eine Excel-Tapete denkt, auf der detailliert festgehalten wird, wann welche E-Mail an wen geschickt wird, hängt schon wieder in alten Mustern.
Es geht nicht darum, Informationen über das "Was" von A nach B zu transportieren, sondern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, "Warum" es sinnvoll ist, dass alle an einem Strang ziehen, und "Wie" so ein gemeinsames Ziehen konkret aussieht.
Wenn es um Themen wie IT-Security geht, würde niemand auf die Idee kommen, dass eine kurze E-Mail mit der Anweisung "Verhaltet euch vorsichtig und Aufmerksam!" dafür sorgt, dass jetzt endlich alle Sicherheitslücken gestopft sind.
Bei der Kommunikation eines komplexen Zielbilds sieht das anders aus:
"Wir haben doch Anfang des Jahres im All-Hands Meeting die neue Strategie vorgestellt..."
Natürlich kann fast niemand im Unternehmen mit dieser Information beziffern, was das jetzt konkret für ihr Daily Business bedeutet.
Beim Thema IT-Sicherheit werden Stichworte wie "Aufmerksamkeit" und "Vorsicht" ganz automatisch in konkrete Beispielszenarien ("Wenn im Titel der E-Mail X steht, nicht öffnen!") und Praktiken ("In fremden Netzwerken immer VPN starten!") übersetzt.
Genau diese Übersetzung braucht es auch dafür, "Wie" das Zielbild erreicht werden soll.
Mit verständlichen Praktiken und Praxisbeispielen.
Damit ähnlich wie bei IT-Sicherheit oder Compliance, sichergestellt ist, dass die Umsetzung und Anwendung der Prinzipien permanent in die Organisation getragen werden, braucht es für die Kommunikation eine Rolle, die für Koordination sorgt und die Leadership begleitet und ihr als Accountability Buddy dient.
Diese Rolle muss nicht unbedingt eine Vollzeit-Rolle sein und kann intern geschaffen werden. Zum Start und für sensible Themen empfiehlt es sich, erfahrene Begleitung von außen zuzuschalten.
Säule 2) Performance transparent machen
"Geht bei uns nicht wegen des Betriebsrats.".
Doch, geht. Auch mit Betriebsrat. Es gibt viele erfolgreiche Beispiele.
Ist so etwas in ein paar Tagen aufgesetzt? Nein, sicher nicht. Aber es lohnt sich.
Worum es geht, ist die Single Points of Failure in Form von Vorgesetzten zu entschärfen.
Es schadet der Organisation gleich in mehrerlei Hinsicht, wenn jede einzelne Führungskraft "unter sich" ein abgeschirmtes Silo bauen kann, in das kaum objektive Einblicke möglich sind und innerhalb dessen die Führungskraft quasi-monarchistisch regieren kann.
Die Lösung ist es, die Performance-Evaluation so zu gestalten, dass mehr neutrale Informationen und Meinungen in den Prozess einfließen.
Wichtig: Das Folgende Konzept kann (und sollte) im ersten Schritt mit ausgewählten Abteilungen verprobt und maturisiert werden, bevor es dann im zweiten Schritt nach und nach im gesamten Unternehmen ausgerollt wird.
So funktioniert es:
Für jede Art von Rolle die Qualitäts- bzw. Leistungskriterien schriftlich festhalten, inkl. einer inhaltlich definierten Skala, was eine schlechte, durchschnittliche, gute und herausragende Performance ausmacht
Jede Person im Unternehmen bekommt einen Karriere-Counselor zugewiesen. Das ist eine Person aus einem anderen Bereich, die 2-4 Gespräche pro Jahr mit dem Counselee führt und so den Fortschritt als neutraler Beobachter einschätzen kann
Ähnliche Rollen werden Abteilungs- und Bereichsübergreifend in einem Pool evaluiert, um Vergleichbarkeit herzustellen
In halbjährlichen Round Tables treffen sich die Karriere-Counselor gemeinsam mit HR und der Bereichs- oder Firmenleitung und evaluieren die Performance, indem sie die Performance der Mitglieder des Pools untereinander vergleichen
Als Diskussionsgrundlage kann zum Beispiel eine Normalverteilung angenommen werden. Entsprechend können nur 10% auch wirklich zu den Top 10% gehören. Wichtig: Eine Normalverteilung stumpf durchzusetzen ist nicht immer sinnvoll. Es sollten definierte Ausnahmen möglich sein. Diese müssen allerdings detailliert vom jeweiligen Counselor begründet werden
Die Benefits:
Die Liste der Vorteile eines Zielbildes in Kombination Prinzipien und Praktiken ist lang. Die Vorteile eines transparenten, verständlichen Performance-Systems noch länger.
Kurz gesagt kann anhand eines Zielbilds vieles, was bisher oft schwierig auszudrücken war, plötzlich sehr einfach auf den Punkt gebracht werden.
Ein Beispiel von Tesla:
"Müssen wir jetzt wirklich wieder 5 Tage pro Woche ins Büro kommen?"
"Wir haben den Anspruch, zu verändern, wie Mobilität auf diesem Planeten funktioniert. Wir ändern dabei buchstäblich die Welt. Es hat noch nie jemand die Welt von seiner Couch aus verändert. Ja, wir haben den Anspruch, 5 Tage pro Woche im Büro zu sein."
Mit einem klaren Zielbild ist es von Arbeitsebene bis hin zum Management viel einfacher, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und sicherzustellen, dass alle wirklich das gleiche Verständnis haben.
Mit einem strukturierten Ansatz, der Leistung transparent und vor allem objektiv bewertbar macht, ergeben sich drei direkte Vorteile:
Die Arbeit der vielen zuverlässigen Mitarbeiter, die im Daily Business ihren Job gut machen, aber ansonsten untergehen, wird sichtbar. Ihre Leistung kann so besser wertgeschätzt werden.
Auch Nicht-Performer werden sichtbar und ungünstige Arbeitsbedingungen können zielgerichtet verbessert werden, um deren Performance zu steigern.
Die Ergebnisse herausragender Leistungsträger werden sicher anerkannt. Damit werden Top Talente motiviert und gebunden. Das Unternehmen wird so attraktiver für High Performer, weil sie ihr Potential entfalten können und dabei gesehen werden.
Aber was ist mit Kennzahlen?
Kennzahlen sind und bleiben wichtig.
Es braucht nur einen kleinen Wechsel der Perspektive darauf, welche Funktion KPIs genau erfüllen.
Viele Unternehmen setzen heute ihre Ziele und ihren Kurs auf Basis von Kennzahlen und sie messen und steuern auf Basis dieser KPIs.
Das hängt die Mitarbeitenden ab und sorgt für maximale Demotivation im Team.
Das bedeutet aber nicht, dass Kennzahlen abgeschafft werden müssen.
Sie müssen nur an der richtigen Stelle eingesetzt werden.
Als Antwort auf die Frage nach dem "Warum" braucht es keine Zahlen, sondern Inhalte. Echte, strategische Ziele.
Um Fortschritt im Bezug auf diese strategischen Ziele zu messen und Erfolg quantifizierbar zu machen, dafür sind und bleiben Kennzahlen das Mittel der Wahl.
Warum du jetzt starten solltest:
Um ein letztes Mal die Fußball-Analogie auszupacken:
Viele Entscheider möchten den Markt anführen und erwarten, dass ihr Team, ihr Bereich oder ihr Unternehmen in der Champions League spielt.
Aber sie trainieren ihre Mannschaft wie einen Kreisliga-Verein.
Wenn ihr bereit seid, aufzusteigen und entsprechend zu trainieren - lass uns sprechen ;).
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